Zahnarzt Bogenhausen

Geschichte der Endodontie

Wir haben für Sie einen kleinen Abriss über die Entstehungsgeschichte der Endodontie erstellt. Es handelt sich hierbei um eine (unvollständige) Übersicht, die die Entwicklung der Instrumente und Behandlungstechniken von damals bis heute darstellt. Sie soll zudem aufzeigen, wie sich Wurzelbehandlungen etc. zu einem eigenständigen zahnmedizinischen Fachgebiet mit wissenschaftlicher Fundierung ausgebildet haben.

Endodontie München

„Zahnbrecher“ im Jahre 1568

Altertum

Erste Erwähnungen medizinischer Ansätze zur Behandlung endodontischer Beschwerden

Es gibt Überlieferungen aus den Zeiten der alten Babylonier, in denen von Behandlungen von Zahnschmerzen mit Dämpfen, die möglicherweise betäubend wirkten, berichtet wurde. Es finden sich auch Aufzeichnungen über die Einlage pflanzlicher Rezepturen in Karieslöcher. Offenbar wurden diese bei Bedarf mit chirurgischen Eingriffen wie beispielsweise Abszesseröffnungen ergänzt.

In chinesischen Schriften ca. 4000 v. Chr. wird das rote Blutkörperchen bildende und schmerzlindernde Arsen genannt, das zur Behandlung von Erkrankungen der Pulpa verwendet wurde.

Hippocrates von Kos, der berühmteste Arzt des Altertums, stellte wohl erste Überlegungen hinsichtlich einer speziellen Therapie von Zahnschmerzen an. Diese verzichtete auf religiöses Beiwerk und sollte sich ausschließlich auf die medizinischen Aspekte begrenzen. In seinem Werk „De affectionibus“ schrieb er, dass ein Zahn gezogen werden sollte, falls er geschädigt sei und wackle. Sei er jedoch nicht beschädigt und wackle nicht, schmerze aber, so solle er durch Brennen behandelt werden.

Um 200 v. Chr. brachte man offenbar Bronzedrähte in Wurzelkanäle ein. Dies wurde anhand eines Schädelfundes aus der Wüste Negev deutlich. Der Draht wurde in dem Fund in einen oberen Schneidezahn eingebracht.

Der römische Medizinschriftsteller und Enzyklopädist Aulus Cornelius Celsus befürwortete in seiner Schrift „De Medicina“ das Ziehen schmerzender Zähne. Alternativ sollten sie mit einer Sonde, die in heißes Öl getaucht und mit Baumwolle umwickelt wurde, behandelt werden.

Archigenes von Syrien (ca. 2. Hälfte des 1./Anfang 2. Jh.) nutzte wohl einen kleinen Trepanbohrer zur Behandlung endodontischer Befunde. Damit bohrte er einen dunklen, schmerzenden Zahn an und versuchte so, seinen Patienten Linderung zu verschaffen.

Der Arzt und Anatom Galenos von Pergamon (auch: Galen) nutzte ebenfalls den Behandlungsansatz des Bohrens. Zunächst schuf er mit einem kleinen Bohrer Zugang zum Pulpakavum und fuhr mit einer Schmerzbehandlung fort. Dazu nutze auch er trocken erhitzte oder in heißes Öl getauchte Sonden.

Der persische Arzt Haly Abbas und der andalusische Mediziner Abulcasis schworen ebenfalls auf die Behandlung schmerzender Zähne mit Hitze, auf die sog. Kauterisation.

17. bis 18. Jahrhundert

Weiterentwicklung vorzeitlicher Ideen zur Behandlung von Beschwerden des Zahninneren

Dupont beschreibt 1633 die intentionelle Replantation von Zähnen. Hierbei wurde der betroffene Zahn gezogen, die infektiöse Wurzelspitze außerhalb des Mundes entfernt und zurückverpflanzt. Seiner Meinung nach kommt es nach der Durchtrennung des Gefäß-Nerven-Stranges an der Wurzelspitze bei der Extraktion zu einer Schmerzlinderung oder bestenfalls sogar Schmerzbefreiung. Nach der Therapie würden auf diese Weise behandelte Zähne wieder anwachsen.

Philipp Pfaff, ein deutscher Arzt und Zahnheilkundler sowie Hof-Zahnarzt von Preußen-König Friedrich dem Großen, probierte 1756 die Abdeckung der befreiten Pulpa mit Goldkäppchen.

Auch der französische Zahnarzt Pierre Fauchard widmete sich endodontischen Themen. Er orientierte sich an den Überlegungen und Experimenten seiner antiken Medizinerkollegen und schrieb in seinem Werk „Le chirurgien dentiste“ über Instrumente zur Trepanation, also über das Aufbohren von Zähnen. Weiterhin thematisierte er die Aufbereitung der Wurzelkanäle und das Kauterisieren. Dazu nutzte er gebogene Messingdrähte, die etwa so lang wie eine Stricknadel waren. Er erhitzte sie mehrmals stark und brachte sie in die aufgebohrte Höhle ein. Die entstandenen Kanäle füllte er mit Blei oder versorgte sie mit Stiftkronen.

Endodontie München

Von Fauchard erfundene Instrumente

19. Jahrhundert

Neue Techniken und Denkansätze revolutionieren die Endodontie

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Behandlung mit dem Glüheisen (cauterium actuale) durch die Entfernung des Zahnnervs (Devitalisation) oder die Nutzung chemischer Substanzen verdrängt. Arsen war für die Devitalisation schon seit ca. 4000 v. Chr. bekannt, doch erst 1833 wurde es für die Zahnbehandlung durch den amerikanischen Zahnarzt Barnabas Wood „wiederentdeckt“.

Delmond versuchte 1824 erstmals, die Pulpa unter Nutzung feinster Instrumente vollständig zu entfernen. Seiner Aussage nach sei dies schonender und weniger schmerzhaft als die bekannte Technik des „Ausbrennens“ bzw. Kauterisierens.

Edward Maynard funktionierte 1838 eine feine Uhrfeder zu einer Art Reibahle um. Diese diente ihm als Aufbereitungsinstrument. Weiterhin nutzte er kleine Einkerbungen in dieser Reibahle und macht daraus ein Instrument zur Entfernung des Zahnnervs (Extirpationsnadel).

1864 erfand der US-amerikanische Zahnarzt Sanford Christie Barnum den Kofferdam, eine Arzt Spanngummi, der den zu behandelnden Zahn z. B. bei einer Wurzelbehandlung vom restlichen Mundraum abschirmt.

Nur drei Jahre später kam die nächste bahnbrechende Entdeckung: Bowman benutzte Guttapercha, um die behandelten Wurzelkanäle zu füllen. Dabei handelt es sich um eingetrockneten, geronnenen Milchsaft des Guttaperchabaums. Er weist eine gute Biokompatibilität auf und dichtet gut gegenüber Feuchtigkeit ab.

1883/1884 entfernten die Zahnärzte Mills und Richmond die Pulpa mit Orangenholz- und Hickorystäbchen. Diese spitzten sie vorher an und tauchen sie in eine Flüssigkeit aus Phenol oder Kreosot. Nun brachten sie es mit einem kleinen Hammer tief in den Wurzelkanal des Patienten ein. Nach wenigen Sekunden zogen sie es mitsamt der anhaftenden Pulpa wieder heraus. Die Technik wurde „knockig out pulps“ genannt.

Konrad Cohn beschreibt im selben Zeitraum die Elektrosterilisation des Endodonts. Im Laufe der kommenden Jahre und Jahrzehnte entwickelten sich daraus verschiedene Modifikationen der Ionophorese, einer speziellen Elektrotherapie.

Der US-amerikanische Wissenschaftler und erste orale Mikrobiologe Willaughby Dayton Miller weist auf die bakterielle Infektion als Ursache für endodontische Beschwerden hin. Er hatte bereits bezüglich der Kariesforschung auf die Bedeutung von Bakterien aufmerksam gemacht. Aus diesem Grund wurde nun das Hauptaugenmerk auf die Desinfektion des Wurzelkanals gelegt. 1882 führte Otto Walkhoff Chlorphenol, 1894 Alfred Gysi Wasserstoffperoxid und Trikresolformalin ein.

1893 brachte Schreier metallisches Natrium und Kalium in den Wurzelkanal ein. Diese beiden chemischen Elemente oxidieren heftig während des Kontakts mit der Luft. Bei dieser Methode erhoffte Schreier, im Zuge eines „Feuerwerks“ („introduced firework into endodontics“) die Pulpa sowie die Bakterien aus dem Wurzelkanal zu sprengen.

Als Wilhelm Conrad Röntgen die nach ihm benannten Strahlen entdeckte, konnte durch Otto Walkhoff im Jahr 1895 die erste Röntgen-Aufnahme der Zähne erfolgen.

Endodontie München

Röntgens Laboratorium in Würzburg, 1895

20. Jahrhundert

Ganzheitliche Denkansätze, neue Studien über die Anatomie und Methoden zur Betäubung, Desinfektion und Füllung

Ab 1901 erfolgen viele Weiterentwicklungen von Instrumenten für die Wurzelkanalbehandlung.

Alfred Einhorn, ein deutscher Chemiker, entwickelte im Jahr 1905 das neue Lokalanästhetikum Novocain, das bis heute in der Medizin/Zahnmedizin verwendet wird.

1910 gerieten neue ganzheitliche Denkansätze in den Fokus: Zähne, die einer Wurzelbehandlung unterzogen wurden oder nekrotisch waren, wurden als Ursachen allgemeinmedizinischer systemischer Erkrankungen gesehen. Man ging davon aus, dass es besser sei, sie zu entfernen.

Zuerst 1912 durch Guido Fischer, dann 1917 und 1921 durch Walter Hess erfolgten neue und ausführliche Studien zur feineren Anatomie des Wurzelkanalsystems.

Verschiedene Ärzte und Wissenschaftler versuchten zwischen 1898 und 1936 neue Methoden dafür zu finden, das Endodont überwiegend durch chemikalisch-physikalische Methoden keimfrei zu machen. Dazu gehörten z. B.:

  • Diathermie und Joulisierung: Wärme wird im Körpergewebe mithilfe von hochfrequentem elektrischem Strom erzeugt und in den Wurzelkanal eingebracht
  • Ozonisation: Aktive Sauerstofftherapie zur sehr schnellen Abtötung von Bakterien, Viren und Pilzen
  • Chlorgasmethode: Mit einer komplizierten Apparatur wird antimikrobielles Chlorgas in den Wurzelkanal eingeleitet

1922 führte W. Herrmann das Kalziumhydroxid in die Endodontie ein. Damit soll sich neue Hartsubstanz in der Pulpa des betroffenen Zahns bilden. Gleichzeitig kann damit eine Vitalerhaltung des Gewebes erfolgen, das den Zahn umgibt.

Der Schweizer Zahnmediziner und Hochschullehrer André Schröder entwickelte 1954 das erste epoxidharzbasierte Wurzelkanalfüllungsmaterial. Epoxidharze sind härtbare Kunststoffe, die z. B. als Bestandteil von Füllungen genutzt werden können.

Nur 3 Jahre später nutzte Richman Ultraschall zur Aufbereitung des Wurzelkanals. Durch die Arbeiten von Martin und Cunningham in den 70er- und 80er-Jahren wird diese Methode jedoch erst populär. 1980 kommt das erste Ultraschallgerät auf den Markt. Es wird 4 Jahre später durch das erste Schallvibrationssystem ergänzt.

Angelo Sargenti entwickelte 1967 die sog. N2-Methode, die auch als Sargenti-Technik bezeichnet wird. Sie basiert auf der Verwendung von Formaldehyd abspaltenden Substanzen. Dadurch soll nach einer koronalen Amputation der Pulpastumpf erhalten werden.

1974 erfolgte die Normierung verschiedener Aufbereitungsinstrumente. Dazu wurden ISO-Normen eingeführt.

1984 wurde das Canal-Finder-System nach Levy bekannt.

1992 erschien die erste Ausgabe der ersten deutschsprachigen Endodontiezeitschrift „Endodontie“ im Quintessenz-Verlag.

1994 wurden ESE-Qualitätsrichtlinien für endodontische Behandlungen veröffentlicht. 2006 erschien die überarbeitete Fassung.

2004 wurde die Arbeitsgruppe für Endodontie und dentale Traumatologie (AGET) der DGZ gegründet.

Quelle: Hülsmann, Michael: 2008 Checklisten der Zahnmedizin: Endodontie DOI: 10.1055/b-0034-23947

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Endodontie München

Dr. Viola Hirsch – Ihre Spezialistin für Endodontie in München

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